Donnerstag, 14. September 2017

[Anthologie #Insekten] (7) Auf den Spuren der Ameisen - Die Entdeckung einer faszinierenden Welt von Bert Hölldobler und Edward O. Wilson


das Foto zeigt eine Ameise in Drohgebärde
mit das größte Taschenbuch, das ich je hatte,
und es geht um kleine Insekten
Sachbuch, 419 Seiten
Springer, 2016 (3. korrig. Auflage)
Genre: illustriertes Wissenschaftssachbuch
ISBN:  978-3-662-48406-7
Originaltitel: Journey to the Ants - A Story of Scientific Exploration
Übersetzung: Susanne Böll mit Friederike und Bert Hölldobler
hier das Buch bei Amazon


Woher: Gelesen im Rahmen der Rezensionsanthologie #Insekten




Erster Satz


Unsere Leidenschaft sind die Ameisen und unsere wissenschaftliche Disziplin ist die Myrmekologie.


Zusammenfassung

Bert Hölldobler ist einer der bekanntesten Myrmekologen, also Ameisenforscher, Deutschlands. Zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen, dem Namen in der Ameisenforschung, Edward Wilson, legt er ein großformatiges Sachbuch vor. In insgesamt 16 Kapiteln berichten sie über und von den Ameisen. Es geht z.B. um den Ursprung des Altruismus, wie sich Ameisen verständigen, um Krieg und Außenpolitik, um Konflikt- und Dominanzverhalten, um Wohnungssuche und Umzug oder darum, wie Ameisen ihre Umwelt kontrollieren.




Persönlicher Eindruck



Die Entdeckung einer faszinierenden Welt versprechen die Autoren, und sie halten es. Auf über 400 Seiten berichten sie Faszinierendes aus der Welt der Ameisen. Große Farbfotos und Zeichnungen illustrieren die Berichte der Autoren. Sie erzählen auch immer von ihrer eigenen Forschung oder von der von Kollegen, so erhält man zusätzlich auch einen Einblick in den universitären Alltag.

Die Welt der Ameisen enthält bemerkenswertes. Interessant fand ich z.B., dass die Masse aller Ameisen der Masse aller Menschen entspricht. Wenn man sich irgendwo niederläße, so die Autoren, so sei eine Ameise das erste Lebewesen, dass auf einem herumkrabbele.

Auch die Berichte über die Duftsprache der Ameisen sind wie Berichte aus einer anderen Welt. Ameisen, auch das ein faszinierender Fakt, gibt es seit 120 Mio. Jahren. Ihre Erfolgsgeschichte liegt in ihrer Kooperation. "Im Leben der Ameisen zählt in erster Linie der Erfolg ihrer Kolonie" [S. VIII].

Das Sachbuch richtet sich an interessierte Laien, vom Sprachstil und Duktus her ist es ungefähr auf dem Niveau der Zeitschrift "Spektrum der Wissenschaft". Im Großen und Ganzen verständlich geschrieben, gibt es aber auch einige Passagen, bei denen der Leser sich intellektuell anstrengen muss, um den Gedankengang der Autoren logisch nachzuvollziehen, z.B. hätte ich bei der Passage auf S. 69 über die genetischen Abstammungslinien lieber noch eine Skizze dabei gehabt, das war doch ziemlich komplex. Auch immer wieder gibt es Sätze in diesem Stil: "Bewegungsmuster können im Rahmen der multimodalen Kommunikation als abgestufte Signalkomponenten bei der Gruppenrekrutierung fungieren [S. 137]", und solche komplizierten Sätze gehen m.M.n. etwas an der Zielgruppe vorbei und sind daher eher Nullinformationen (und, Leute, ich darf das sagen, ich hab sowohl Bio als auch Technische Redaktion studiert).

Doch meistens kann man gut folgen (siehe die Zitate weiter unten). Die einzelnen Kapitel sind in sich abgeschlossen und behandeln immer ein Thema. Wir erfahren auf jeden Fall viel Neues über die Ameisen, das Buch ist von zwei echten Koryphäen geschrieben.




Lesen oder nicht?


Ein großformatiges Buch, dass einem die Welt der Ameisen näherbringt. Vom Stil her sachlich, sind die Geschehnisse aus der Welt der Ameisen umso faszinierender.


3 Zitate



Die Geruchswelt der Ameisen ist so fremdartig und kompliziert für uns, als ob diese Insekten vom Mars kämen. Wie sehr sie ihrer Geruchswelt verhaftet sind, lässt sich vielleicht am ehesten daran ablesen, dass sie mithilfe weniger chemischer Verbindungen sogar ihre toten Nestgenossinnen erkennen und entfernen, während sie andere Zeichen, die auf deren Tod hindeuten, völlig übersehen.  [...] Ein Tier wird demnach von Arbeiterinnen als tot eingestuft, wenn es Ölsäure [...] auf seinem Körper trägt. [...] Sobald man eine kleine Menge Ölsäure auf lebende Arbeiterinnen trug, wurden sie aufgehoben und, ohne Gegenwehr, zum Abfallhaufen getragen. Nachdem sie fallengelassen worden waren, säuberten sich die Tiere und kehrten zum Nest zurück. [S. 98-999]

Kämpfe zwischen benachbarten Weberameisenkolonien sind so schwerwiegend, dass sich dadurch schmale, unbesetzte Grenzkorridore, eine Art von Ameisenniemandsland, bilden.  [S. 109]

Sie attackieren und töten jede Arbeiterin, die sich ihnen in den Weg stellt, indem sie die Köpfe und Körper der Verteidigerinnen mit ihren säbelförmigen Kiefern durchbohren. Wieder zu Hause, übergeben sie die Puppen den Sklaven zur weiteren Versorgung und fallen in ihre übliche Trägheit zurück. [Zufallszitat, S. 266]




Querverweise

In der Ameisentrilogie von Bernard Werber geht es auch um Ameisen, aber mit einem hohen Fiction-Anteil. Dennoch erfahren wir auch bei Werber, dass Ameisen Kriege führen, alte Zivilisationen haben und sich über eine Duftsprache verständigen. Die Faszination über die Ameisen kommt bei beiden Büchern rüber. Doch natürlich behaupten Hölldobler und Wilson nicht, dass die Ameisen eine mit unserer vergleichbaren Intelligenz hätten.



Fußnote: Andreas von Crazy Ants über Ameisenhaltung

Andreas Weggel betreibt den erfolgreichen Blog Crazy Ants, in dem es um Ameisen, Ameisenhaltung und die Ameisenhaltungscommunity geht. Antworten von ihm findet ihr bei der Ameisen-Trilogie, Auf den Spuren der Ameisen und Mieses Karma.


Du hälst Ameisen und hast auch einen Blog darüber. Magst du uns etwas darüber erzählen?

Ich habe mich schon als Kind immer für Ameisen sehr interessiert. Während meiner Grundschulzeit konnte ich stundenlang im Garten damit verbringen Ameisen zu beobachten, die ich zuvor ausgegraben und in ein Einwegglas getan hatte. Damals wusste ich natürlich noch nichts darüber, wie man Ameisen wirklich hält.
Als ich 2009 eine Dokumentation über Ameisen gesehen hatte, kam mir der Gedanke, dass es doch sicher Menschen geben dürfte, die Ameisen halten und im Zeitalter des Internets auch darüber online schreiben.
Nachdem ich in der Suchmaschine danach gesucht hatte, stellte ich fest, dass es nicht nur einige Leute gibt, die darüber schreiben, sondern, dass man sogar mittlerweile Ameisen über das Internet bestellen kann und so fing ich mit einer Kolonie Lasius niger an, die ich mir bei einem Händler bestellte.
Ameisen sind sicher nicht die typischen Haustiere. Man kann sie weder knuddeln, noch entsteht eine Beziehung zwischen Tier und Halter. Doch finde ich ihr Verhalten äußerst interessant und man kann ständig neue Dinge beobachten und ist oft beeindruckt, was diese kleinen Tiere gemeinsam bewältigen können. Evtl. sollten wir Menschen uns daran auch öfters ein Beispiel nehmen.


Ameisenhaufen
Waldameisenstadt im Wald bei Dobel
// Foto von Buchvogel


Ich freue mich über eure Kommentare. Ameisen: Faszinosum oder lästige Plage?

4 Kommentare:

  1. Richtig gut, das ich heut bei dir reingeschaut habe! Genau sowas braucht mein Sohn aktuell für die Schule! Danke für die Buchvorstellung, ich schau gleich mal ob ichs irgendwo bestellen kann <3 Liebe Grüße

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Anja,
      das freut mich! Es ist leider relativ teuer, aber das ist eine Anschaffung, die man über Jahre hat!
      Liebe Grüße - Daniela

      Löschen
    2. Evtl. wäre auch das Buch "Die Ameisen: Biologie und Verhalten" von Walter Kirchner. Das kostet unter 10 € und dort wird das wichtigste über Ameisen leicht verständlich geschrieben. Aber es beinhaltet im Gegensatz zu dem hier vorgestellten Buch keine Fotos, sondern lediglich gute Illustrationen.

      Löschen
  2. Das klingt absolut spannend. Kommt auf meine (lange) Liste :-) LG, Almuth

    AntwortenLöschen

Ich freue mich über eure Kommentare und über den Austausch. Ich kommentiere hier oder auf eurem Blog, wenn ihr einen habt.

Wenn ihr hier kommentiert, seid ihr mit der Datenschutzerklärung einverstanden, beachtet also bitte die Hinweise dort.

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...